Interview mit Filmemacher Heinrich Adolf

Am 28. November hat die Dokumentation „Das Reichsfilmarchiv – Geschichte einer deutschen Institution“ ihre Premiere im Casablanca-Kino in Oldenburg. Wir haben vorab mit dem Regisseur Heinrich Adolf gesprochen. Dabei erzählte er, wie die Idee zum Film entstand, welche Rolle seine Familie spielte und warum der Dreh im Salzbergwerk ihn besonders beeindruckte.  

Herr Adolf, wie sind Sie zum Film gekommen?

Eigentlich bin ich gar kein Regisseur. Tatsächlich habe ich Philosophie, Linguistik und Geschichte studiert. Während des Studiums und danach habe ich dann angefangen, nebenher zu publizieren. Zunächst zu philosophischen Themen, später bin ich über Umwege in die Filmgeschichte geraten.

Wie ist die Idee für den Film entstanden?

Das Thema hat Rolf Aurich von der deutschen Kinemathek angestoßen, als er mich 2016 in München besuchte. Zum Abschied sagte er dann, er fahre nicht direkt nach Hause, sondern über Harthausen, das südlich von München liege. Da gebe es noch Relikte vom Reichsfilmarchiv. Das habe ich im Ohr behalten. Zu meinem Sohn sagte ich dann, er solle die Kamera mitnehmen, damit wir ein paar Bilder machen können. In Harthausen angekommen, konnten wir zunächst nichts finden. Also versuchten wir es bei einem Bauernhof. Tatsächlich trat ein alter Mann vor die Tür und ich fragte ihn, ob er das Reichsfilmarchiv kennt. „Ja, ja, kenn ich.“ Er fing sofort an draufloszureden und ich fragte ihn, ob er das Ganze nicht auch vor der Kamera erzählen möchte. „Ja, ja, kein Problem.“ Und schon hatten wir die erste Aufnahme gemacht. Damit ging’s los.

Wie sah die weitere Arbeit aus?

Ich habe den Film neben meinem eigentlichen Beruf gemacht und weitgehend selbst finanziert. Später habe ich eine Förderung von Nordmedia für die Postproduktionsarbeiten erhalten. Wir waren ein sehr kleines Team. Neben mir waren Rolf Aurich, mein Sohn Kilian Dormann und Alexander Zöller beteiligt. Mein Sohn war zu der Zeit in der Videogruppe seiner Schule aktiv. Weil wir uns keinen Kameramann leisten konnten, hat er also das Filmen übernommen. Mein Sohn war damals 17 Jahre alt. Bis auf Moskau sind wir alle relevanten Orte des Reichsfilmarchivs zusammen abgefahren, die noch verfügbar waren. Das verbanden wir zum Teil mit Urlaubsreisen. Vor allem die Zeit in den USA war ein großes Abenteuer für uns. Meine Tochter war damals 14 und hat die Handkamera übernommen. Diese Aufnahmen haben wir dann auch verwendet, weil die echt gut waren. Das war eine wirklich schöne Zeit. 

Also frei nach dem Motto „Do it yourself”. War von Anfang an klar, wie der Film am Ende einmal aussehen sollte? 

Nein, überhaupt nicht. Als wir mit dem Film begonnen haben, war der Wissensstand ein ganz anderer als nach Beendigung der Dreharbeiten. Die Gestalt des Films hat sich erst allmählich herauskristallisiert, im Zuge der Recherche, indem wir untereinander E-Mails austauschten und zu neuen Erkenntnissen gelangten. So ist das Projekt Schritt für Schritt gewachsen. 

Gibt es Momente, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Ja, das war auf jeden Fall der Drehtag in Grasleben. Das war ein Erlebnis! Man fährt erst einmal mit enormer Geschwindigkeit sehr weit runter. Dann steigt man aus und kommt in diesen Abbau, der nicht mehr betrieben wird. Als wir da reingegangen sind, war es total dunkel und still. Dieser Teil des Bergwerks wird auch nicht mehr belüftet. Es ist sehr warm dort unten, man fühlt sich nachher, als wäre man in der Sauna gewesen. Aber es war toll, da unten an einem Ort zu sein, den seit Jahrzehnten kaum jemand betreten durfte. Es ist wie eine Art Zeitkapsel. Aber auch traurig. Dort liegt ein großer Teil des deutschen Kulturerbes und vergeht. Bei unserem zweiten Mal im Bergwerk haben wir auch ein paar Artefakte für die Ausstellung „Brandspuren” der Deutschen Kinemathek mitgenommen. Das war schon ein bisschen abenteuerlich. Ich kam mir vor wie ein Raubgräber, aber es ging nicht anders. Es wäre ein Verdienst, wenn all das mal geborgen würde.

Am Sonntag ist die Premiere im Casablanca in Oldenburg. Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?

Ich freue mich natürlich. Jetzt realisiere ich auch erst, dass der Film tatsächlich fertig ist. Ohne die ganze Unterstützung, die ich erfahren habe, wäre das nicht möglich gewesen. Alle Menschen und Institutionen, wie die Deutsche Kinemathek  und das Bundesarchiv, waren unglaublich großzügig. Das mitzuerleben war menschlich eine sehr schöne Erfahrung. Was dann nach der Premiere mit dem Film passiert, lasse ich auf mich zukommen. Ich bin erstmal gespannt, wie der Film bei den Oldenburgerinnen und Oldenburgern überhaupt ankommt. 

Und zum Schluss noch ein paar Zahlen

60 Stunden Rohmaterial kamen insgesamt zusammen. Die Menge an Material zu kürzen war eine echte Herausforderung.

Ca. 2-3 Monate hat Heinrich Adolf im Schnittraum verbracht. Und das alles nebenberuflich.

Die Dreharbeiten umfassten um die 30 Tage. Heinrich Adolf war bei jedem Dreh dabei. 

5 Personen sind direkt am Film beteiligt. Heinrich Adolfs Sohn und Tochter waren Teil des Teams. 

Heinrich Adolf hat für den Film 8 Zeitzeugen und Experten interviewt. Einige von ihnen wollen auch zur Premiere kommen.

Karten für die Premiere von „Das Reichsfilmarchiv – Geschichte einer deutschen Institution“ von Heinrich Adolf (So, 28.11., 11 Uhr) bekommen Sie direkt über das Casablanca-Kino.

Sharing is caring

Redaktion Mediavanti

Redaktion Mediavanti

Das Mediavanti-Team verändert sich regelmäßig in seiner Besetzung. Unter anderem liefern Praktikant:innen und Hospitant:innen immer wieder neue, spannende Perspektiven auf Themen, die uns im Alltag umtreiben. Uns freut's, denn: Hier darf und soll jeder etwas sagen!

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren: